Digitale Transformation

Wie DM und Henkel Augmented Reality ans Regal bringen

Mit dem digitalen Beratungsprogramm Choicify bringt Henkel AR ins Landenregal
Henkel
Mit dem digitalen Beratungsprogramm Choicify bringt Henkel AR ins Landenregal
Bei L'Oréal ist es längst offizielle Strategie, zum Beauty-Tech-Unternehmen zu werden. Aber auch Henkel nimmt die digitale Transformation ernst. Mit dem Programm Choicify zeigt Henkel Beauty Care seit Oktober 2018, wie AR zum Beratungstool im Handel werden kann. Im Interview mit HORIZONT zieht Nils Daecke, Corporate Vice President Digital, Henkel Beauty Care, eine erste Bilanz und erklärt, warum eine eigene App nicht immer die beste Lösung im digitalen Marketing ist.
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Ursprünglich in einem Workshop zu neuen Geschäftsmodellen für digitale Dienstleistungen entstanden hat Choicify mittlerweile eine beachtliche Karriere hingelegt. In Deutschland wird der Colorationsberater aktuell bundesweit in DM-Drogeriemärkten getestet. Henkel bietet das Tool auch in Dänemark, Schweden und Norwegen an. Im Januar wurde auch die Online-Version von Choicify gelauncht. Interessierte können die digitale Haarfarbberatung direkt im DM-Onlineshop oder unter www.color-choice.com nutzen.

Bei der Nutzung achtete das Entwicklungsteam bewusst darauf, den Nutzungsaufwand so gering wie möglich zu halten, sagt Nils Daecke, Corporate Vice President Digital Marketing International bei Henkel Beauty Care: „Unser Ziel war es, eine einfache und leicht zu bedienende mobile Anwendung zu liefern. Die Verbraucher sollen die richtige Marke oder den richtigen Farbton direkt am Point of Sale finden können, ohne extra eine App herunterladen zu müssen.“ Dazu können Sie mit ihrem Smartphone das webbasierte Programm direkt am Regal entweder über einen QR-Code oder einen NFC-Chip aufrufen und kommen über  wenige Klicks zu einer persönlichen Produkt-Auswahl.
Wie das Endergebnis mit der neuen Haarfarbe aussehen wird, können die Kunden dann schon vorab, dank eines Augmented-Reality-basieren Live-Farbspiegels überprüfen, der die Wunschhaarfarbe der Kunden auf ihr eigenes Haar projeziert. Das Resultat ist eine digitale Plattform, die man in dieser strategischen Ausrichtung bei Henkel und anderen Beauty-Marken in Zukunft wohl häufiger sehen wird.

Denn alle Unternehmen stehen in diesem Markt vor einem vergleichbaren Problem: Sie bieten im Kern analoge Produkte an, aber ihre Kunden nutzen digitale Kanäle schon intensiv zur Inspiration und zum Kauf. Wollen die Markenhersteller also den Kontakt zur eigenen Zielgruppe nicht endgültig verlieren, müssen sie digitale Schnittstellen finden, die sie mit ihren Marken besetzen können. Wie komplex dieser Prozess allerdings in der konkreten Umsetung ist, schildert Nils Daecke im Interview mit HORIZONT:

Choicify soll den Innovations- und Marketingprozess bei Henkel beschleunigen. Was haben Sie schon aus dem Programm gelernt? Zunächst können wir die Nutzungsdaten wie die am häufigsten gewählte Ausgangshaarfarben, die beliebteste Zielhaarfarben und Produktpräferenzen auswerten und diese verschiedenen Regionen zuordnen. Diese Daten können uns wertvolle Hinweise zu unserer Portfoliogestaltung oder zu Regalplatzierungen geben und unterstützen das datengetriebene Marketing. Den tatsächlichen Kauf können wir zwar im DM-Markt nicht der Choicify-Nutzung zuordnen, jedoch ist dies in der Online-Store Version von Choicify möglich, wenn die Kunden auf „Kaufen“ klicken.
Die Daten können uns wertvolle Hinweise zu unserer Portfoliogestaltung oder zu Regalplatzierungen geben und unterstützen das datengetriebene Marketing.
Nils Daecke
Nils Daecke, Corporate Vice President Digital Marketing International bei Henkel Beauty Care
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Nils Daecke, Corporate Vice President Digital Marketing International bei Henkel Beauty Care


Sie haben Choicify jetzt schon einige Monate bei DM getestet. Wie fällt die Reaktion der Kunden aus? Die Nutzerdaten zeigen, dass die Konsumenten sich intensiv mit dem Farbberatungstool auseinandersetzen und wir verzeichnen steigende Nutzerzahlen, vor allem über die Online-Kanäle. Mit der Einbindung des Live-Farbspiegels in Choicify, der mit Hilfe der Augmented-Reality- Technologie die Wunschhaarfarbe auf das eigene Haar der Konsumentin anwendet, können wir die Interaktion mit dem Tool weiter steigern.

Und warum schlägt Ihr Tool in manchen Fällen auch Nicht-Henkel-Produkte vor? Sollte Ihr Marketingziel nicht eigentlich sein, mehr Henkel-Produkte zu verkaufen? Wir sind bei der Entwicklung von Choicify von den Wünschen der Konsumentinnen ausgegangen. Denn wenn das Angebot für die Konsumentinnen relevant ist, hilft es dem Händler, der gesamten Colorations-Kategorie zum Wachstum zu verhelfen, was auch uns als Hersteller mit einem hohen Marktanteil zugutekommt. Und die Konsumentinnen erwarten eine neutrale, Marken- und Hersteller-übergreifende Produktberatung.

Sie bieten Choicify auch online an. Geht es da um die Unterstützung der Online-Händler oder eher um die Stärkung ihrer eigenen Marke?  Seit Januar ist Choicify auch über die Website von DM eingebunden. Daneben ist Choicify aber auch ein wichtiger Bestandteil unserer Schwarzkopf Markenwebsite. Die Auswertung der Zugriffszahlen zeigt uns auch, dass viele Nutzer über die Google-Suche sowie die Direkteingabe der URL auf Choicify zugreifen.
Wir wissen aus Branchenstudien, dass viele Konsumenten sich im Geschäft am Regal online mit Hilfe ihrer Smartphones über die einzelnen Produkte informieren, bevor sie sie kaufen.
Nils Daecke
Wo sehen Sie die größte Relevanz für dieses Tool: Im stationären Handel oder im E-Commerce?  Choicify ist klar als Omni-Channel-Lösung angelegt. Sowohl die Produktberatung als auch der Kauf können sowohl am Regal als auch online erfolgen. Wir wissen aus Branchenstudien, dass viele Konsumenten sich im Geschäft am Regal online mit Hilfe ihrer Smartphones über die einzelnen Produkte informieren, bevor sie sie kaufen. Eine wachsende Gruppe von Konsumenten kauft jedoch Kosmetikprodukte auch online.

Das Konzept der mobilen Produktberatung bietet viel Spielraum. Arbeiten Sie an einer vergleichbaren Anwendung für andere Bereiche? Zunächst testen wir das Konzept bei Haarfarben, weil diese Kategorie besonders beratungsintensiv ist. Das Prinzip lässt sich sicherlich aber auch auf andere Warengruppen übertragen, wo der Konsument Unterstützung bei der Produktwahl wünscht.

Gestartet sind Sie ja zunächst nicht mit einer App, sondern mit einer webbasierten Lösung? Warum eigentlich? Ist es nicht die Königsdisziplin im digitalen Marketing mit einer App dauerhaft auf dem Smartphone der Konsumenten zu sein? Wir haben bereits in der Vergangenheit Apps für unsere Marken angeboten. Allerdings wünschen sich die Konsumenten wie eingangs erwähnt eine markenübergreifende Beratung. Zudem stellt eine App, die der Konsument zunächst runterladen muss, immer noch eine gewisse Hürde da. Viele Marken-Apps werden auch nur wenige Male genutzt. Die mobile Choicify Website lässt sich dagegen sehr einfach und schnell ohne vorherigen Download aufrufen. 

Interview: Santiago Campillo-Lundbeck

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